· 

Mauretanien

Nach zwei dringend benötigten Ruhetagen, die wir hier bei den Giraffen an dieser riesigen Düne südlich der Oase Toungat verbracht haben sind Mensch und Hund wieder richtig entspannt und ausgeruht. Der letzte Ruhetag lag wirklich lange zurück. Das war in Tafraoute bei den Painted Rocks vor 15 Tagen! Seit dem 12.01. ging es  jeden Tag kontinuierlich weiter, erst Richtung Süden und ab der Mauretanischen Grenze dann nach Osten. Heute ist mein zwölfter Tag in Mauretanien und morgen sind es dann schon vier Wochen, dass ich von daheim losgefahren bin. Mittlerweile stehen 6858 Kilometer auf dem Tacho, oder besser gesagt die das Garmin erfasst hat. Der Tacho geht seit Spanien schon nicht mehr, obwohl der erst letztes Jahr in einer Fachwerkstatt getauscht wurde.

Das Fahren in der Gruppe ist eine tolle Sache und wenn man sich versteht und gemeinsame Ziele hat umso besser. Für mich ist es das erste Mal, dass ich mit anderen unterwegs war. Ich war sehr froh, dass ich mit Wilfried und Günther nach Ghallaouiya und zum Guelb Er Richat reisen konnte. Alleine wäre das sicherlich auch machbar gewesen, aber es war gut dass die beiden dabei waren. Ist schon eine ganz schön einsame Gegend. Nicht nur die Fahrtage mit ihnen waren spannend, auch die gemeinsamen Abende waren schön. Aus den unerfindlichen Tiefen aus Wilfried's Gefrierbox tauchten bis zum Schluss immer wieder fette Steaks auf, das Bier und diverses andere floß in Strömen und die gemeinsamen Abende am Lagerfeuer waren fantastisch. Ich habe viel übers Navigieren und Sandfahren gelernt. Das mit den Offline-Satellitenkarten funktioniert übrigens richtig gut. Man kann die OSM einfach darunter legen und somit ist das ganze dann auch noch Routigfähing. Das ist schon ziemlich abgefahren... Wir hatten noch dazu den Vorteil, dass Wilfried schon mal hier war, die Strecke und auch die schönen Ecken kennt wo man gut Biwakieren kann und wo sich Interessantes findet. Fahren im Sand und kleine Dünenkämme gehen immer besser wenn man den Reifendruck entsprechend verändert. Aber wenn es so richtig in die Dünen reingeht komme ich schnell an meine Grenzen. Einmal die falsche Entscheidung getroffen, schon hängt man fest. Anders als im Schlamm hilft hier rohe Gewalt rein gar nix. Je früher man auskuppelt und vom Gas geht, desto weniger muss man hernach Schaufeln. Wenn man Glück hat braucht man auch keine Bleche. In der Gruppe ist das gar nicht so schlimm, drei Mann schaufeln, Aisha liegt im Schatten und schaut uns zu wie wir wie bekloppt buddeln. Alleine ist das ne ganz schöne Plackerei...

Hab ich eigentlich auch schon erwähnt, dass es mittlerweile schweineheiß geworden ist? Ich hab seit einiger Zeit schon meine Schuhe verräumt und bin nur noch Barfuß unterwegs. Manchmal ist der Sand aber so heiß, dass es ohne Schlappen gar nicht geht. Tagsüber hat es im Schatten locker so 33-35° und selbst abends um neun halb zehn sind es immer noch angenehme 18°. Wie muss es hier erst im Sommer sein? Nachts und am Morgen ist es aber gefühlt bitterkalt bei 5-8°! Wenn ich Aisha nach der letzten Runde frag ob sie lieber drinnen oder draußen pennen will, springt sie mir wie ein geölter Blitz in den Dicken und ist froh um das bisschen Dach überm Kopf.

Wenn ein wenig Wind geht ist gleich der Sand überall und dann kann es von jetzt auf gleich sehr ungemütlich werden. Wie ich gestern mehrmals erleben durfte ist das Schaufeln im Sand und mit den Blechen spielen was ganz anderes, wenn man allein da draußen unterwegs bist. Mein kleiner Tagesausflug endete heute nach rund 40 km auf Piste und Sand nur 2,6 km vor der rettenden Teerstraße entfernt in einem von Dünen durchsetzen Weichsandfeld. Nach ein paar Metern steckte der Dicke endlos tief fest. Also erstmal zu Fuß los und nach einem möglichen Weiterweg gesucht aber alles rundum war sehr weich. Ich stand fast bis zu den Schienbeinen im Sand. Also einen besseren Weg suchen... Als der Toyota ausgegraben war nach 20m das selbe Spiel, nur diesmal brauchte es dann schon die Sandbleche um da wieder rauszukommen. Nach einer Stunde schaufeln war ich zumindest wieder auf festerem Sand. Aisha hatte sich während dessen unter einem Kamelgrasbüschel im Schatten gemütlich gemacht und war froh über die unerwartete Pause. Nach einer weiteren Erkundung zu Fuß, ringsum gab es auch keine andere Alternative, nur noch höhere Dünen, war klar hier ist Schluss. Ohne den vorhandenen Schatten hatte es mittlerweile Temperaturen wie in einem Pizzaofen. Es war klar, dass es bestimmt jede Menge Leute gibt die da durchkommen, aber ich gehöre da definitiv nicht dazu. Also den Hund, die Bleche, die Schaufel und was sonst noch alles rum lag eingesammelt und wohl oder übel wieder zurück. Alleine war das für mich einfach nicht machbar. So sind wir heute stattliche 100 km gefahren um am Ende wieder am fast gleichen Platz zu schlafen. Na zum Glück haben wir genug Sprit an Bord...

Die Pause tat nicht nur körperlich sondern auch seelisch gut, auch um mal alles so richtig verarbeiten zu können. Tagsüber im Auto wenn jeder für sich allein ist, ist man so mit Fahren, Navigieren, schauen und dem Hund beschäftigt das man zu nichts anderem kommt. Allein schon die Landschaft nimmt einen hier so in Beschlag. Es ist ein Wunder das ich noch keinen Stein oder Loch übersehen habe. Hamdulilah... Aufstehen, den Tag über Fahren, ab 16:00 nach einem Übernachtungsplatz Ausschau halten, Kochen, Essen, schlafen gehen. Und da kam Aisha um ehrlich zu sein die letzten Tage einfach zu kurz. Groß Gassi gehen muss man hier nicht, immer wenn das Auto steht ist sie draußen unterwegs... Wenn ich nach Steinen und  Fossilien schau, zum Fotografieren geh oder einfach nur so die Gegend erkunde ist sie natürlich immer dabei. Was ihr fehlte war einfach mal wieder ein Ruhetag. Den ganzen lieben langen Tag Schlafen und zur Abwechslung mal nix tun. Wie daheim einfach mal faul auf der Couch liegen. Aber das holen wir ja jetzt nach. Manchmal könnte man meinen man ist im Zoo. Zuerst ziehen Dromedare vorbei, dann sieht man wieder weiter weg eine Herde wilde Esel. Wenn man ganz still sitzt kommt ein Vogel vorbei oder man kann ein Insekt oder eine Eidechse im Sand beobachten. Zum Glück haben wir bis jetzt noch keine Skorpione oder Schlangen gesehen. Gestern kam wohl aus den 6 km entfernen Dorf ein kleines Rudel Hunde zu uns, aber Aisha war ihnen wohl zu stürmisch und sie haben sich bald wieder verzogen und sind in den Dünen rumgetollt. Aisha macht das seit dem ersten Tag an wirklich toll. Obwohl es überall nur so von "Beute" wimmelt ist sie erstaunlich brav, vielleicht Reizüberflutung. Egal wo wir sind, es gibt ja ständig was zu sehen. Gestern zur Dämmerung hab ich den ersten Fennek der Reise gesehen. Zum Glück war Aisha gerade anderweitig beschäftigt. Wenn es windstill ist fallen die Fliegen über einen her. Weiß der Teufel wo die bloß immer herkommen... Zum Glück hat es hier draußen keine Moskitos. Bei Justus im Bab Sahara wimmelte es nachts von Stechmücken. Noch muss man keine Angst vor Malaria haben, das Problem kommt im Senegal und in Gambia noch früh genug auf uns zu.

Ganz allein auf weiter Flur...
Ganz allein auf weiter Flur...

Die Schweizer auf den Motorrädern haben erzählt, dass es auf der neuen Teerstraße von Atar nach Tidjikja immer wieder zu großen Problemen kommt. Momentan stehen wohl ein gutes Dutzend LKW's auf der Strecke und stecken fest. Auf der nagelneuen Teerstraße haben sich bis zu 20m hohe Dünen gebildet und versperren den Weg, zu beiden Seiten. Die Radlader kommen nicht mehr hinterher den Sand von der Straße zu räumen. Mit einem 4x4 lassen sich die Dünen wohl problemlos Umfahren aber mit einem vollbeladenem LKW, und die wiegen hier deutlich mehr als 40 Tonnen, ist das natürlich nicht machbar. Wenn ich noch zu den Saharakrokodilen will, werde ich in ein paar Tagen versuchen auf diesem Weg weiter in den Süden zu kommen um dann über Aleg/Boutilimit in die Mauretanische Hauptstadt zu fahren. Von Nouakchott sind es dann lediglich noch 200 km bis zur Grenze.

Die anfängliche Furcht vor Minen ist in den Gebieten in denen wir uns aufhalten nicht wirklich begründet. Mittlerweile sind (fast) alle gelegten Fahrzeugminen geräumt und nur ganz vereinzelt wurde wohl die eine oder andere Anti-Personenmine vergessen. Zugegeben, das macht die Sache natürlich nicht besser. Es ist daher immer beruhigend wenn um einen herum immer viele Kamele, Esel und Ziegen unterwegs sind. Dann lass ich auch Aisha guten Gewissens laufen und selber hat man auch ein besseres Gefühl. Die Beseitigung ist bei den Personenminen wohl wesentlich aufwendiger, weil diese aus Plastik sind. Es gibt im Internet dazu Karten, wo sich solche sensiblen Gebiete befinden. Ich meide grundsätzlich Antennenmasten, Brücken und Brunnen ohne jegliche Spuren drumrum. Bei markanten Punkten wie die Einfahrt in eine Schlucht oder eine Engstelle an einem Pass ohne die üblichen verwehten Fahrzeugspuren sollte evtl. auch ein wenig Vorsicht geboten sein. Das Gefühl im Land selbst ist aber wirklich gut. Hier im Adrar sind die Menschen sehr nett, sympathisch und äußerst freundlich. Überhaupt nicht aufdringlich und respektieren es, dass man hier draußen seine Ruhe haben will. Aber die die man trifft sind alle sehr nett und sprechen meistens auch ein paar Brocken französisch. Mit Händen und Füßen, ein wenig Arabisch und meinem schlechten Französisch kann man sich doch erstaunlich gut verständigen. Oft ist Aisha natürlich auch der Grund, dass die Nomaden mit ihren Tieren einen großen Bogen um uns machen.  

Natürlich ist es manchmal komisch wenn man weit draußen in der Stille einen Motor hört. Anderen Touristen sind wir ausser am Campingplatz noch nicht begegnet. Es ist generell nicht viel Verkehr. Das liegt wohl auch daran, dass das Land einfach riesig groß und menschenleer ist. Mauretanien ist in etwa dreimal so groß wie Deutschland, hat aber nur 4 Millionen Einwohner. Auf der Strecke von Atar nach Ghallaouiya und zurück, das waren rund 700 km für die wir 4 Tage gebraucht haben, haben wir außer in Ouadane nicht ein einziges Haus gesehen. Keine Straßen und alles in allem vielleicht 50 Menschen aber gut das 10-fache an Dromedaren. Trotz der starken Militarpräsenz kann es eine 100% Sicherheit natürlich nicht geben. Ganz so schlimm wie sich die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes anhört, ist es zumindest hier gottseidank nicht. Ich fühle mich auch alleine, weit ab vom Schuss immer sehr wohl. Das Militär versucht durch die vielen Checkpoints den Überblick zu behalten wo sich wer, wann aufgehalten hat um im Falle eines Falles wenigstens ungefähr sagen zu können, wo man sich zuletzt war. Das nützt einem bei einer Entführung natürlich nicht mehr wirklich viel, wäre aber bei einem Fahrzeugdefekt evtl. von großem Vorteil. Die Kontrollen laufen meist sehr freundlich ab und gehen fix. Woher man kommt - wohin man will. Und dann will man noch ein Fiche haben. 25-30 Stück hab ich in etwa seit der Westsahara gebraucht. Anders als in Marokko gibt es in den wenigsten Fällen ein Schwätzchen und mag der Posten noch so einsam, allein und verlassen sein.

Mauretanien ist ein bettelarmes Land. Auf dem Land ist das schon schlimm wie wenig die Menschen besitzen und mit wie wenig man zurecht kommen muss. Auch in der Stadt, ich kenne bisher ja nur Atar, stranden oft auch die die gar nichts mehr haben. Nomaden denen vielleicht das Vieh gestorben ist oder Kinder um die sich niemand mehr kümmert. Die Armut hier ist wirklich erschreckend. Auf den Märkten und in den Geschäften ist das Angebot recht überschaubar. Es gibt das notwendige wie Reis, Öl, Getreide, Hülsenfrüchte, Salz,... Das Obst und Gemüse mal abgesehen vielleicht von Datteln muss jedoch größtenteils teuer importiert werden. Landwirtschaft geht kaum, da es schlicht weg am Wasser und fruchtbaren Boden mangelt. Das Fleisch von Ziegen, Dromedaren, Hühnern,... aber auch Fisch wird angeboten, natürlich alles ohne Kühlung. Am Baguette, das man in Atar überall bekommt zeigt sich noch ein klein wenig der französische Einfluss. Sonst ist Toyota die vorherrschende Marke die überall präsent ist. Sei es nun Polizei/Militär, Krankenwägen, reicher Geschäftsmann, NGO's oder Tourismus. Der Land Cruiser und der HiLux sind Transportmittel für Personen, Tiere, Lebensmittel, Wasser oder Steine, die man irgendwo auf einer Ebene einsammelt um sie als Baumaterial zu nutzen. Bis auf ein paar alte Mercedes sind fast nur Toyotas zu sehen. Speziell die alten 78er und 79er wie wir einen fahren scheinen hier das bevorzugte Fahrzeug des Militärs zu sein.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0